In diesem unglaublich schönen Beitrag erzählt uns Melina & Mario von Amaruq Adventures, wie ihr Leben mit einem Kleinkind im Van aussieht. Eine tolle Geschichte für alle, die sie denken, dass Reisen, sobald man ein Kind hat, vorbei ist und für alle, die den Mut suchen ihr Kind etwas anders grosszuziehen als mit Tablet & YouTube.
Früher reisten wir mit einem Rucksack und einem groben Plan. Heute reisen wir mit einem Van, 17 Stofftieren und einem detailgenauen System für Snacks, Windeln und spontane Pipi-Stopps. Unsere Route durch Europa? Eher von Spielplatz zu Spielplatz als von Stadt zu Stadt, wobei diese auch oft wirklich schön gelegen sind.
Seit fast zwei Jahren sind wir jetzt mit unserem Van unterwegs. Von den Alpen bis ans Meer, durch kleine Dörfer, große Städte und unzählige Supermärkte auf der Suche nach Hafermilch. Und mittendrin unser kleiner Wirbelwind, der jeden neuen Ort zu seinem Königreich erklärt – mit uns als Hofnarren 😉

Unser Start ins mobile Familienleben
Als wir die Entscheidung trafen, mit unserem Kleinkind im Van zu leben, waren die Reaktionen… sagen wir: vorsichtig optimistisch. „Oh wow, mutig!“ oder „Na, das wird ja spannend!“ waren noch die nettesten Kommentare. Und ja – es ist spannend. Jeden. Einzelnen. Tag.

Wir haben den Van selbst ausgebaut. Mit Liebe, Schweiß und Youtube-Tutorials. Ich hatte romantische Vorstellungen von minimalistischer Gemütlichkeit. Unser Sohn hatte andere Pläne: Er benutzte das Bett als Trampolin und das Gewürzregal als Schatzkiste. Immerhin wissen wir jetzt, dass Oregano in der Nase nicht angenehm ist.
Die große Freiheit… mit festen Routinen
Was wir schnell gelernt haben: Kinder brauchen Struktur. Und Eltern auch. Gerade wenn sich täglich der Ausblick ändert. Also haben wir uns feste Rituale zugelegt: Morgenkreis mit Frühstück (aka: Cracker, weil niemand Lust auf Kochen hatte), Mittagsschlaf (im besten Fall nicht während der Fahrt), und abendliches Zähneputzen im Stirnlampenlicht.

Der Trick beim Reisen mit Kind ist, die Balance zu finden zwischen Spontanität und Plan. Klar, wir können mal eben ans Meer fahren – aber eben nicht, ohne vorher den Mittagssnack, Ersatzklamotten, Kuscheltier #1 bis #3 und Feuchttücher für alle Lebenslagen einzupacken.

Kleinkind-Entertainment à la Natur
Wusstest du, dass ein leerer Schneckenhäuserhaufen für einen Zweijährigen spannender ist als ein Spielzeugladen? Ich auch nicht – bis wir auf Kreta im Olivenhain vor einem „kostenlosen Naturspielplatz“ standen. Unser Sohn war stundenlang beschäftigt. Und ich? Konnte fast eine ganze Tasse Tee trinken, ohne aufzustehen.
Reisen bedeutet für uns, jeden Tag neue kleine Wunder zu erleben – durch die Augen unseres Kindes. Er bringt uns bei, wie faszinierend ein Kieselstein sein kann, wie viele Ameisen unter einem Holzstück wohnen und dass Regen auch was Schönes ist (naja, meistens). Und Bobbycar fahren macht in den Bergen oder am Strand so viel mehr Spaß als auf irgendeiner schnöden Asphaltstraße – selbst wenn das bedeutet, dass wir es danach wieder aus dem Sand ausgraben müssen.


Herausforderungen, die man nicht im Reiseführer findet
Natürlich ist nicht alles Bullerbü. Unser Van hat ca. 7 m² Wohnfläche – und davon gehören gefühlt 4 m² dem Kind. Spielzeug, Klamotten, Essensreste und abenteuerlich platzierte Socken bilden einen eigenen Mikrokosmos. Privatsphäre? Gibt’s nur auf dem Klo – und selbst das ist Verhandlungssache.
Wirklich herausfordernd ist das Wetter. Wenn’s tagelang regnet, wird der Van zur feuchten Tropenstation mit schlechter Laune. Wir turnen dann zwischen Kind, nasser Wäsche und Krümeln herum und träumen vom Trockenraum.

Und dann gibt es noch diese Momente auf der Autobahn, mitten in Spanien, 38 Grad, keine Tankstelle in Sicht, die Klimaanlage hat schon den Geist aufgegeben – und zwischen uns schreit jemand, weil der Bananen-Pancake kleiner ist als die vorherigen. Ja, das ist Vanlife mit Kleinkind. Es ist laut. Chaotisch. Echt.
Wie unser Kind durch Reisen lernt – ohne ein Wort zu sagen
Unser Sohn kann (noch) keine langen Sätze sagen – aber er hat eine eigene Sprache, die wir inzwischen fließend sprechen: ein Mix aus Fingerzeigen, „Da!“, energischem Kopfschütteln und einem sehr bestimmten Tonfall, wenn es um Snacks geht.
Und trotzdem – oder gerade deswegen – sehen wir jeden Tag, wie sehr ihn das Reisen prägt. Er beobachtet wie ein kleiner Naturforscher: Er entdeckt neue Tiere, lauscht fremden Stimmen, spürt die Unterschiede von warmem Sand und kaltem Gebirgsbach unter seinen Füßen. Seine Welt ist ein Abenteuerparcours, sein Gehirn ein Schwamm.
Jedes noch so winzige Tier wird aufmerksam begutachtet und mit viel Herzblut vertont – vom „Mäh“ bis zum „Grrr“. Einmal mussten wir noch vor dem ersten Kaffee einen Babygecko retten, der dringend ein neues Zuhause (aka: nächstbester Stein) brauchte. Mission geglückt – Gecko gerettet, Eltern wach.

Er wächst mit Vielfalt auf. Sprachen, Kulturen, Landschaften – all das gehört zu seinem Alltag. Für ihn ist es normal, dass man mal auf Französisch einkauft, mal auf Kroatisch „Danke“ sagt und manchmal einfach nur mit Händen und Füßen kommuniziert.


Es ist faszinierend, wie viel ein kleines Kind aufnimmt, ohne ein einziges Wort zu sagen. Manchmal frage ich mich, wie viel mehr er vielleicht sogar begreift, gerade weil er sich noch nicht in Sprache verheddert. Er lebt einfach – unmittelbar und ganz im Moment. Und wir? Dürfen zuschauen. Und mitstaunen. Lernen jeden Tag, loszulassen. Unsere Erwartungen. Unsere Pläne. Unsere Nerven (gelegentlich).
Fazit: Reisen mit Kind ist keine Pause vom Alltag – es ist ein neuer Alltag
Vanlife mit Kleinkind ist nicht einfacher als ein Leben im Haus – nur anders. Es ist intensiver. Näher. Wilder. Man kann sich nicht aus dem Weg gehen, aber man wächst dadurch enger zusammen. Man hat keinen Garten, aber das größte Außengelände der Welt. Keine Badewanne, aber ganze Seen.
Ich vermisse manchmal mein Sofa. Aber ich tausche es gern gegen einen Felsen mit Aussicht. Ich vermisse heiße Badewannen – aber dafür habe ich jetzt heiße Quellen. Naja, „heiß“ ist relativ. Und „häufig“ auch. Aber das Gefühl bleibt.

Und am allermeisten liebe ich es, wie unser Kind in dieser Welt unterwegs ist: frei, neugierig, mutig.

Also ja – Vanlife mit Kind ist anders. Aber es ist das schönste Abenteuer, das wir je begonnen haben. Und ich hoffe, es hört noch lange nicht auf.

Über die Autoren: Mario & Melina
Aus dem Wunsch nach Freiheit und der Liebe zur Natur haben wir 2023 unser Leben umgekrempelt und sind mit unserem kleinen Sohn in unseren selbst ausgebauten Camper gezogen. Seitdem erkunden wir Europa in unserem Zuhause auf Rädern, stets auf der Suche nach unberührten Ecken und der Schönheit der Natur. Wir teilen unsere Erfahrungen und inspirieren andere, ihre eigenen Reiseträume zu verwirklichen. Besucht uns auf amaruq-adventures.com!
Fotos sind von Mario & Melina selbst.
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